Sonntag, 27. Dezember 2009

Hamburg Mümmelmannsberg

Gestern war ich für zwei Stunden in Mümmelmannsberg. Das ist einer der Hamburger "Problemstadtteile", ähnlich wie Osdorfer Born, Steilshoop oder Kirchdorf-Süd.


In Mümmelmannsberg leben etwa 20.000 Menschen auf noch nicht einmal 2,5 Quadratkilometern. Die Einwohnerdichte in der Großsiedlung aus den 70er Jahren ist damit höher als in Detroit oder Chicago.


Der Ausländeranteil beträgt 25 Prozent, der Anteil der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger macht fast ein Drittel aus, die Kriminalitätsrate ist überdurchschnittlich hoch.


Der erste Eindruck war entsprechend finster.

Meine Parkmöglichkeit musste ich gleich wieder aufgeben, weil in unmittelbarer Nähe eine vierköpfige "Gang" patroullierte und ich keine Lust hatte, Kamera, Handy und Geld loszuwerden. Auf der Suche nach Fotomotiven hatte ich beim Marsch durch die Betonsilos ständig das Gefühl, aus einem der Fenster beobachtet zu werden. Das Wetter war grau und trübe und es waren nur wenige Menschen auf der Strasse. Es war relativ leicht, Bilder zu machen, mit denen die gängigen Klischees bedient und meine eigenen Vorurteile bestätigt wurden.


Als ich dann später den Artikel schrieb, bin ich nachdenklich geworden und habe mich gefragt, wie "objektiv" diese Wahrnehmungen eigentlich waren. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich im Grunde (fast) gar nichts weiß. Zwei Stunden in einem fremden Stadtteil zeigen einem halt nur die Fassaden, und nicht mehr. Ich war in keiner Wohnung, in keinem Laden und habe mit niemandem gesprochen. Das soll nicht heissen, dass der erste Eindruck notwendigerweise falsch war. Aber gesichert sind tatsächlich nur ein paar Äußerlichkeiten, der Rest ist Spekulation. Gut, sich das ab und zu klar zu machen.


Als ich im Web etwas recherchierte, wurde das Bild differenzierter - in beide Richtungen. Einerseits bemühen sich Schulen und Vereine um Normalität und um die Darstellung eines weitgehend friedfertigen, multikulturellen Zusammenlebens. Anderseits liest man über Schießereien und Bandenkriminalität und eine eigens gegründete Sonderkommission, die versucht, die ausufernden Probleme in den Griff zu bekommen. Quellen finden sich beispielsweise hier, hier, hier, hier, hier oder hier. Auch den Film Chico, der sich mit dem Thema Drogenkriminalität in Hamburg beschäftigt und zum Teil hier gedreht wurde, werde ich mir mal besorgen.

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